Kapelle zur hl. Anna

Bereits im Spätmittelalter stand hier eine nach Osten gerichtet Kapelle. Nach Erwin Pöschel ist kaum anzunehmen, dass zwischen der ursprünglichen Kapelle und der Gründung des Grauen Bundes (1424), welcher östlich der Kapelle unter dem Ahorn beschworen wurde, ein direkter Zusammenhang besteht.

Die Kapelle vor 1704

Die erste urkundliche Nachricht, ein Konsekrationsbrief von 1500, betrifft vermutlich den Umbau einer bestehenden Anlage, die zu Ehren der Jungfrau Maria und ihrer Mutter Anna, den hll. Andreas, Nikolaus, Wolfgang und Helena geweiht wurde. Die hll. Anna und Helena sind Patroninnen der Mineure, was eher hindeutet, dass die Kapelle im Zusammenhang mit dem Ausbau der Erz Minen von Nadels und Punteglias erstellt wurde. Trotzdem wird die Kapelle mit der Tradition des Bündnisses des Grauen Bundes und des Ehrenhofes in Verbindung gebracht. Schon im Jahre 1515 folgte eine weitere Konsekration der Kapelle mit drei Altären. Die heutige Anlage wurde 1704 geweiht, wobei die hl. Anna als erste Patronin genannt wird.

Die heutige Kapelle
Der Aussenbau

Die Annakapelle steht in Hanglage am östlichen Ortsausgang von Trun und grenzt heute mit ihrer südlichen Giebelfassade direkt an die Hauptstrasse. Die Frontseite der Anlage war ursprünglich mit drei schmalen Blendbogen gestaltet, denen in einer späteren Bauphase ein offener, kreuzgratgewölbter Portikus mit hohem Sockel, toskanischen Säulen und einem Pultdach mit Dreiecksgiebel vorgelagert wurde. Der Zugang erfolgt über eine kleine Treppenanlage in die Vorhalle, in der zwei grosse Bildfelder, die anlässlich des 500-jährigen Jubiläums 1924 erstellt wurden, zu sehen sind. Diese zeigen die Gründung des Grauen Bundes von 1424 sowie den letzten Bundesschwur von 1778. In der Nische über dem Hauptportal befindet sich eine Statue der hl. Anna aus der zweiten Hälfte des 17. Jh.

Der Innenraum

Der Hochaltar aus der Zeit um 1704 ist eine schlichte Ädikula mit glatten Säulen, auf denen das segmetförmige Gebälk und der geschweifte Giebel aufruhen. Das edle Material des „stucco lustro“ steht in reizvollem Gegensatz zu dem eher strengen Altarbau. Sitzende Engel mit Kartuschen flankieren das Auszugsbild, ein von Palmzweigen gerahmtes Oval mit den hll. Placidus und Sigisbert, das von einem Segmentgiebel mit Engelsköpfen abgeschlossen wird. Das rundbogig geschlossene Altarblatt mit Muschelbekrönung zeigt die hl. Anna, die sich im Hintergrund die Verkündigung an Joachim anschliesst.

Die Altarblätter zeigen links die hll. Andreas und Matthias und rechts die hll. Johannes und Nikolaus. Das rechte Gemälde wurde 1717 von Jakob Soliva geschaffen, einem gewandten Maler auf den viele Altarbilder Graubündens zurückgehen. Die Seitenbilder sind identisch ausgeführt aus Holz und über der Mensa mit dem dazugehörigen Reliquienschrein mit bekrönendem Medaillon und Engeln gestaltet. Ihre Rahmenaufsätze sind jedoch virtuos à jour geschnitzt und mit grossformatigem, prachtvollem Akanthuslaub ausgestattet, das sich teils zu vollplastischen Voluten rollt.

Der festliche kleine Saalbau, eine einheitlich barocke Anlage, besticht durch seine harmonischen Proportionen und die heitere Farbigkeit seiner Innendekoration (ca. 1700). Im Scheitel stützen zwei fliegende Engelsfiguren scheinbar das spätgotische Chorbogenkruzifix, das zwischen 1500 und 1515 entstand. Die Schildwand selbst zeigt eine Darstellung der Verkündigung an Maria, die vermutlich um 1704 geschaffen wurde.

Patrozinium: hl. Anna (26. Juli)
Erstellt: 1702-1704
Weihung: 13. Juli 1704
Letzte Renovation: 1992

Die Kapelle ist tagsüber offen.